Bericht aus der Schreinerzeitung Veröffentlichung: 09. März 2023 / Ausgabe 10/2023
Der Schreiner Marco von Euw hat eine Jurte aus reinen, naturbelassenen und regionalen Materialien gebaut. Zwei Monate hat er dafür gebraucht. Nun steht die spezielle Unterkunft in Altdorf UR und kann seit Neuestem für Übernachtungen gebucht werden.
«Ich könnte mir gut vorstellen, ein einfaches, naturnahes Leben in einer Jurte zu führen», sagt Marco von Euw. Der selbstständige Schreiner sitzt am runden Holztisch in seiner ersten selbst gebauten Jurte. Sie steht in Altdorf UR auf einem Erlebnis- und Begegnungshof. Im vergangenen Sommer wurde sie fertig. Rund zwei Monate hat er daran getüftelt und gebaut. Er durfte auch schon in «seiner» Jurte übernachten. Die gute Luft, das heimelige und wohlige Gefühl, das durch das Holz und die natürlichen Materialien hervorgerufen wird, sowie das tolle Raumklima haben es ihm angetan. «Man fühlt sich sofort wohl. Nachts kann man in den Sternenhimmel blicken und träumen.» Etwas Stolz schwingt mit, wenn der 42-Jährige von seinem neusten Projekt erzählt. Zum Auftrag sei er wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Doris und Franz Herger vom Begegnungshof in Altdorf wollten auf ihrem Grundstück eine Jurte errichten, um auf ihrem Campingplatz eine weitere spezielle Übernachtungsmöglichkeit anzubieten. Jurten sind die traditionellen, kreisrunden Unterkünfte der Nomaden in Zentralasien.
Er habe sofort Feuer gefangen für das Projekt. «Ich habe mich mit den Machern des bekannten Jurtendorfes in Luthern Bad in Verbindung gesetzt.» Von Euw ist dankbar, dass diese ihr Know-how über den Bau einer Jurte so offen mit ihm geteilt haben. Für die Jurte hat er weder ein CAD-Programm noch eine CNC-Maschine zu Hilfe genommen. Ihm sei das traditionelle Schreinerhandwerk wichtig.
«Ich wollte mit natürlich nachwachsenden und regionalen Rohstoffen arbeiten, denn es gibt immer mehr naturbewusste Menschen.» Er verzeichne eine wachsende Nachfrage für naturnahes Bauen. Eine Jurte ist vielfältig einsetzbar. Sie funktioniert als einfaches Wohnhaus, Bed and Breakfast oder als Yoga- und Meditationsraum. Die runde Form und die ansprechende Konstruktion lassen in eine Welt fernab von jeglicher Hektik abtauchen.
Zusammenfaltbare Wände
Von Euws Jurte verfügt über eine Fläche von 28 m2. Die Lebensdauer des Regentuchs ist aufgrund der Atmungsaktivität auf rund acht Jahre begrenzt. Es muss danach ersetzt werden. «Die Lebensdauer der Jurte selbst ist bei richtiger Pflege um ein Vielfaches länger. Ich arbeite gerne prozessorientiert. Mir kommen die besten Ideen während des Bauens.» Er blickt in den runden Raum. Etwas in Handarbeit mit Leidenschaft und hohem Qualitätsanspruch Gefertigtes strahle mehr aus, als wenn es mit computergesteuerten Maschinen industriell in Fabriken hergestellt werde, ist der Altdorfer überzeugt. «Aus diesem Grund stelle ich möglichst alle Massivholzarbeiten selbst her. Vom rohem Holzbrett bis zum fertigen Endprodukt geht alles mehrfach durch meine Hände», erklärt von Euw.
Die Jurte kann problemlos abgebaut und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden. Die Wände könne man wie eine Handorgel zusammenfalten. Das Geniale dabei sei, wie mit der runden Bauweise eine gute Statik geschaffen werde. Von Euws Jurte ist stützenfrei und lässt dadurch mehr Einrichtungsmöglichkeiten offen.
Mondholz vom Mythenwald
Eine besondere Eigenheit der Jurte ist, dass sie aus Mondholz aus dem Mythenwald im Kanton Schwyz hergestellt ist. Der Mond soll Einfluss auf den Wassertransport des Baumes haben. Mondholz, das bei abnehmendem Mond geerntet wird, verfügt über mehr gebundenes Wasser in seinem Inneren. Bei der Trocknung zieht es sich stärker zusammen. Dadurch wird das Holz dichter, druckfester und auch resistenter gegen eindringende Pilze und Insekten. Der Dichtevorteil von Mondholz betrug über mehrere tausend Proben verteilt 5 bis 7 Prozent. Materialtechnisch gesehen ist das eine signifikante Verbesserung gegenüber Nichtmondholz. Holz, das im Winter zur Zeit der Saftruhe bei abnehmendem Mond gefällt wird, soll besonders widerstandsfähig und witterungsbeständig sein. «Diesem alten Wissen möchte ich in unserer industriellen und digitalisierten Welt zu mehr Beachtung verhelfen», erklärt der Schreiner.
Aufs Stroh gekommen
Der Jurtenbauer hat für die Wandisolation nicht wie üblich Schafwolle, sondern Strohkleinballen verwendet. «Stroh verfügt über gute Isolationseigenschaften.»
Die Strohschicht ist 35 cm dick. Insgesamt hat von Euw 1,5 Tonnen Stroh verbaut. Ein schöner Nebeneffekt: Es riecht angenehm. Die Masse des Strohs erzeugt eine festere Bausubstanz, was im Kanton Uri bei Föhnlage ein zentrales Thema ist. Ausserdem entsteht durch diese Wandstärke ein Vordach, das den Eingangsbereich besser vor Witterung schützt.
Eine Jurte hat verschiedene, typische Bauelemente:
- Holzboden: Die Unterkonstruktion besteht aus acht tragenden Balken, die das Fundament bilden. Darin werden isolierende Sandwichelemente verbaut. Darauf kommt ein Holzfussboden, bestehend aus einer Dreischichtplatte.
- Eingangstür mit Fenster
- Wand aus Scherengitter, bestehend aus 128 Fichtenholz-Leisten
- Dach: 64 Dachstangen und ein Dachring (170 cm Durchmesser)
- Dachkuppel, bestehend aus doppel- schichtigem Plexiglas
- Dämmung: Die erste Schicht besteht aus einem Bio-Baumwolltuch, danach folgen Stroh, ein weisser Wollfilz für das Dach und zwei Lagen Schafwolle. Die Dachisolierung ist 7 cm dick. Darüber wird das Regentuch aus einem Baumwoll-Polyestergemisch gelegt. Ein Bio-Baumwolltuch bildet den Abschluss, damit das Regentuch vor UV-Strahlen geschützt wird.
- Schwedenofen
Das zentrale Element der Konstruktion ist das sogenannte Lebensband um das Scherengitter, das die gesamte Statik aufnimmt. «Für mich war die Statik überhaupt die grösste Herausforderung», sagt von Euw.
Optimieren auf Kundenwünsche
Als Nächstes möchte der Schreiner die Jurte weiter optimieren und noch andere Grössen und Isolationen ins Angebot aufnehmen. Ihm schwebt eine Konstruktion vor, mit der sich die Dachkuppel ohne gros-se Eingriffe öffnen und schliessen lässt. Zudem möchte er bei der nächsten Jurte ein Fenster mit Futter einbauen. Ein Kunde war daran interessiert, eine Toilette in der Jurte zu integrieren. Er sei offen für Kundenwünsche und probiere gerne Neues und Unkonventionelles aus.
Naturnahe Wohnformen und ökologisches Bauen werden immer beliebter. Damit liegt von Euw mit seiner qualitativ hochwertigen Schweizer Jurte voll im Trend.
Vollständiger Bericht unter: https://www.schreinerzeitung.ch/de/artikel/die-altdorfer-jurte-aus-mondholz
Übernachten in der Jurte
Seit Kurzem kann man die Jurte für eine Übernachtung buchen. Der Preis pro Nacht für zwei Personen beträgt 120 Franken.www.byherger.ch